Im September 2022 beschloss der Kreistag des Landkreises Vorpommern-Greifswald eine neue Abfallsatzung zum 01.01.2023. In dieser Satzung ist im § 4 Absatz 3 festgehalten: „Dem Anschluss- und Benutzerzwang unterliegen auch Eigentümer und Nutzer von Grundstücken für Wohn-, Erholungs-, Freizeit oder ähnliche Zwecke, auf denen Abfälle aus privaten Haushalten oder anderen Herkunftsbereichen anfallen. Das gilt auch für Grundstücke im Bereich einer Kleingartenanlage im Sinne des Bundeskleingartengesetzes. Die Größe eines Grundstückes oder die Nutzungsdauer sind unerheblich.“
Von dieser Änderung haben wir aus der Presse erfahren und nach Rücksprache im Landesverband hat Gartenfreundin Buchholz, Vorsitzende des Kreisverbandes der Gartenfreunde Greifswald e.V., umgehend eine Einwohnerantrag mit dazu gehörener Unterschriftenaktion auf den Weg gebracht. Von diesen Augenblich an standen die Vorsitzenden der vier betroffenen Kreis- und Regionalverbände in engem Kontakt und haben alle weiteren Maßnahmen koordiniert.
Eine Unterschriftenaktion nach Beendigung der Gartensaison unter Zeitdruck durchzuführen ist nicht ganz einfach, aber 5000 gültige Unterschriften waren ein Erfolg und ermöglichten, dass der Kreistag den Einwohnerantrag annehmen und auch behandeln muss. Leider konnten wir natürlich die geforderten Fristen nicht einhalten so dass unser Antrag erst auf der übernächsten Kreistagssitzung am 27.02.2023 auf die Tagesordnung gesetzt werden konnte.
Am 05.12.2022 hatten wir vier Verbandsvorsitzenden, wiederum auf Initiative von Gartenfreundin Buchholz, einen Termin bei Landrat Sack. Er räumte ein, dass es ein Fehler war uns nicht in Vorbereitung der Satzungserarbeitung mit einbezogen zu haben und entschuldigte sich dafür. Die Satzung sei aber beschlossen und die Einbeziehung der Kleingartenanlagen erfolgte, um Rechtssicherheit zu erreichen. Er bezog sich dabei auf ein Urteil des Magdeburger Verwaltungsgerichtes vom 21.04.2021. In diesem Urteil geht es aber um ein einzelnes Kleingartengrundstück das mit einem Ferienbungalow bebaut und nur sporadisch genutzt wird. Weiterhin führte er die „vielen Vorteile“ ins Feld die sich durch den Anschlusszwang für die KGV ergeben würden: Kostenlose Papiercontainer, kostenlose Grünschnitt- und Sperrmüllannahme auf den Wertstoffhöfen, ggf. Sperrmüllabholung an der Kleingartenanlage. Er führte weiter an, dass der Kleingärtner nicht doppelt abkassiert wird – er könne ja in der Gartensaison das Abfallbehältervolumen am Hauptwohnsitz auf ein Mindestvolumen reduzieren.
In unserer Argumentation haben wir darauf hingewiesen, dass immer im Zusammenhang mit dem Kleingärtner auf ein Hauptwohnsitz verwiesen wird. Der Kleingarten ist aber kein Nebenwohnsitz, hat keine Postanschrift wie die Anlage in der Regel auch nicht. Der Kleingärtner erhält alle Bestellungen nach Hause, dort entsorgt er auch die Verpackungen – wozu also Papiertonnen in der Anlage? In den Parzellen entsteht sehr wenig Restmüll und dieser wird über die Restmülltonne des jeweiligen Haushalts entsorgt, hier wurde ja auch die Abfallgebühr bezahlt. Wozu also Restmülltonnen und dann auch noch doppelte Müllgebühr für den Kleingärtner. Welche Wohnungsgesellschaft lässt sich auf eine Reduzierung der Abfallgebühr in der Gartensaison ein, wie will man das berechnen? Sperrmüllentsorgung an der Anlage? Wenn ich sonnabends einen Arbeitseinsatz habe und Sperrmüll vor der Anlage ablege, wie sieht es dann am Montag aus – Der Berg hat sich verzehnfacht, ein Drittel ist plötzlich Sondermüll und bleibt somit liegen! Dem Verein ist damit nicht geholfen. Der Kühlschrank in meiner Laube, die Möbel waren und sind weiterhin Bestandteil meines Haushalts damit entsorge ich sie ggf. auch über meinen Haushalt.
Wir konnten im Gespräch mit dem Landrat erreichen, dass die Abfallentsorgung in den Anlagen auf die Monate Mai bis September beschränkt wird. Er sicherte uns zu, das mit jedem Verein vor Ort die Gegebenheiten geprüft und erst dann die Gestellung von Abfallbehältern erfolgt. Die vier Verbandsvorsitzenden versicherten ihm ihrerseits, dass sie weiterhin für ihre Vereine gegen den Anschlusszwang kämpfen werden.
Die SPD-Fraktion des Kreistages, an der Spitze der Bundestags- und Kreistagsabgeordnete Erik von Malottki, hielt schon seit November 2022 die Verbindung zu Gartenfreundin Buchholz und mir und versprach Hilfe und Unterstützung.
In Vorbereitung auf die Kreistagssitzung am 27.02.2023 habe ich einen Offenen Brief entworfen und mit den Vor- sitzenden der Verbände abgestimmt. Dieser Offene Brief ist am 12.01.2023 allen Kreistagsabgeordneten, der Kreistagspräsidentin und dem Landrat zugestellt worden. Durch den SPD-Abgeordneten von Malottki wurde beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages ein Gutachten in Auftrag gegeben um die Rechtmäßigkeit des Anschlusszwangs festzustellen. In diesem 15seitigen Gutachten wird zusammengefasst festgestellt: Es gibt einen Gestaltungsspielraum für den Kreistag bezüglich eines Anschlusszwanges für Kleingärtner.
Dieses Gutachten und die tolle Arbeit der SPD-Fraktion, keine andere Fraktion hat zu uns Verbindung gesucht, dazu der Offene Brief haben dann doch etwas bewirkt, für die Kreistagssitzung wurde ein Änderungsantrag vorbereitet:
„1. Ergänzung Abfallwirtschaftssatzung – Anschluss der Kleingartenanlagen…“
Der Kreistag beschließt im Beschlussvorschlag folgende Ziffer 3
Eine Kleingartenanlage nach dem Bundeskleingartengesetz kann auf Antrag von der Anschlusspflicht befreit werden, wenn nachweislich alle Pächter der Anlage einen gemeldeten Wohnsitz im Umkreis von wenigen Kilometern um die Anlage haben sowie die sachgerechte Entsorgung des anfallenden Abfalls auf andere Weise sichergestellt ist.
Dazu noch die Anmerkung: In anderen Fällen, wenn in einer KGA nur sehr wenige ihren Wohnsitz weiter weghaben, sollen zusammen mit der Kreisverwaltung praktikable, bürgerfreundliche Lösungen zur Umsetzung der Abfallentsorgungssatzung gefunden werden.
Am 27.02.2023 begründete die Gartenfreundin Buchholz auf der Kreistagssitzung unseren Einwohnerantrag und auf Antrag der SPD-Fraktion erhielt auch ich Rederecht, konnte nochmals unsere Argumente aus dem Offenen Brief begründen.
Wie nicht anders zu erwarten, wurde der Einwohnerantrag abgelehnt aber die Ergänzung zur Abfallsatzung angenommen.
In unserem Fall hat sich gezeigt das es sich zu kämpfen lohnt auch wenn es „nur“ zu einem Kompromiss gereicht hat. Die Tendenz Kleingartenvereine immer mehr zu belasten, Parzellen als Nebenwohnsitz zu betrachten und vieles Andere wird sich verstärken, dann sind wir nicht mehr weit von Erholungsanlagen entfernt.
Es ist aber ein Problem das einen einzelnen Kreis-, Stadt- oder Regionalverband überfordert, nun sind auch der Landes- und Bundesverband gefordert. Wäre der Anschlusszwang in der ursprünglichen Form geblieben hätte das zumindest im Regionalverband Uecker-Randow zu ernsthaften Folgen wie Vorstandsrücktritte, Mitgliederaustritte geführt.
Also nochmals – es lohnt sich zu kämpfen.
Detlev Herrenkind
Verbandsvorsitzender
Regionalverband der Gartenfreunde Uecker-Randow e.V.
Mitglied im Landesverband der Gartenfreunde Mecklenburg und Vorpommern e.V.
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